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Der wiederbelebte gusseiserne Wegweiser in Udenheim.

Manuskript zu einer virtuellen Führung anlässlich der Übernahme eines notwendig gewordenen Neugusses.

Begrüßung:

Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie recht herzlich in der Weinbaugemeinde Udenheim,

im rheinhessischen Tafel- und Hügelland. Ich heiße Gregor Heinz, bin hier zu Hause, und freue mich,

Ihnen Allgemeines und Besonderes um dieses Kleinod vorzutragen.

Lassen Sie mich zunächst etwas Allgemeines sagen.

Die Landschaft um uns herum ist vor rd. 2,4 Mio. Jahren (Erdzeitalter Pleistozän) durch Anhebung des Mainzer

Beckens entstanden. Spätere Eiszeitstürme (zuletzt vor rd. 12.000 Jahren) haben den fruchtbaren Löß,

das ist fossiler Staub (auch Lahmen genannt; Lette = Mergel), angeweht. Dieser Löß nimmt durch seine

schwammartige Beschaffenheit reichlich und rasch Regenwasser auf und gibt es danach langsam wieder ab.

(In der Gemarkung Udenheim überwiegen die guten Böden.)

Dies zusammen mit dem niederschlagsarmen (< 500 mm/a), recht sommerwarmen (17-19°), wintermilden

Januarmittel 0-1°), geschützten Beckenklima und der höchsten Sonnenscheindauer Deutschlands machen

Rheinhessen zum Weinparadies (240 qkm Rebfläche, 20 Mio. h Wein/a). Aber auch Anbau von Zuckerrüben,

Getreide, u.a. Braugerste, findet statt.

Die Gemarkung Udenheim ist rd. 800 ha groß, davon sind rd. 250 ha Rebfläche.

Die vorerwähnten günstigen geologischen und klimatischen Bedingungen in Rheinhessen haben auch zu einer frühen

Besiedlung des Raumes geführt. Funde aus prähistorischer (also -3.600 Jahre) und nachrömischer Zeit - auch in der

Gemarkung Udenheim, zuletzt 1978 beim Bau der A 63 (Gräberfeld 1. bis 4. Jh. n. ehr.) - belegen dies.

Um 800 v. Chr. festigt sich die keltische Besiedlung des Raumes (Mediomatriker, Treverer, Armsheimer Fürstengrab).

Nach den Römern traten während der Völkerwanderung germanische Stämme wie die Vangionen, die Burgunder,

die Alamannen und nach dem Sieg über diese im 6./7. Jh. die Franken auf. Sie teilten das Land neu auf, legten selbst

neue Höfe an und vergaben und verwalteten die kleineren Höfe (sog. Huben oder Hufen).

Die Endsilbe ...heim in vielen rheinhessischen Ortsnamen deutet auf diese fränkische Besiedlung hin.

Der Ort Otenheim, Uotenheim, Udenheim bereits 1131, Utinheim 1250, Udinheim 1324, Udinheym 1340, Wohnsitz

des Oto/Udo taucht erstmals urkundlich bei einer Schenkung von zwei Weinbergen an das Kloster Lorsch im Jahre 773 auf.

Das Kloster Lorsch war kurz zuvor Königskloster, also Reichsabtei Karl des Großen geworden. Und damit auch eine erste

Adresse für Schenkungen zur Erlangung des königlichen und des kirchlichen Wohlwollens.

Udenheim hat heute 1.260 Einwohner (1900 waren es ca. 830) und weist mit der Bergkirche ein historisches Baudenkmal

ersten Ranges auf.

Eingangs war die Rede von rheinhessisch. Lassen Sie mich noch kurz auf die Entstehung dieses Namens eingehen.

Am 8. Juli 1816 (das Datum des Besitzergreifungspatents) erhält der Großherzog von Hessen "zur Entschädigung

für Landesabtretungen, in welche wir in Folge der am Kongresse zu Wien verhandelten und festgesetzten Beschlüsse

eingewilligt haben" das ehemalige Departement Donnersberg, u. a. mit dem Kreis Alzey ohne das Kanton

Kirchheim-Bolanden.

Am 28. März 1818 wurde dieses Gebiet im "Amtsblatt für den Großherzoglich Hessischen Landesteil auf der linken

Rheinseite" zum ersten Mal "Rhein-Hessen" genannt (1) (davor hieß es immer nur "unsere neu erworbenen Lande").

1852 kam Udenheim zum neu geschaffenen Landkreis Oppenheim (dort bis 1938).

Aus dieser Zeit, und zwar um 1900, stammt "unser" Wegweiser. Heute sind die Wegweiser schmuckloser und dienen

letztlich ihrem Zweck, die Verkehrsteilnehmer an oder in Richtung ihres Ziels zu bringen.

Angeordnet werden die Wegweiser entweder durch die Verkehrsbehörden oder z. B. durch Zweckverbände.

Es gibt spezielle Richtlinien für die Wegweisung.

Ich darf an dieser Stelle Heinrich Heine zitieren: "Wer uns vor nutzlosen Wegen warnt, leistet uns ebenso guten Dienst,

wie derjenige, der uns den rechten Weg anzeigt" .

Der Udenheimer Wegweiser als solcher ist seit 1984 amtlich ein Denkmal. Bei der UnterschutzsteIlung eines Objektes

stellen sich Fragen wie: Ist es ein Gegenstand aus alter Zeit? Ein Zeugnis technischen Wirkens? Ein Merkmal der

Gemeinde? Besteht ein öffentliches Interesse zur Förderung des geschichtlichen Bewusstseins?

Anfang der 1990er Jahre wurde das Original zum Fragment.

In Udenheim war das Interesse an einer Renovierung des Torsos immer stärker geworden. Neben der technischen

Herausforderung eines Neugusses ging es auch um den historischen Hintergrund dieses Verkehrsmals.

Der Neuguss ist gelungen und dies ist für mich Anlass, Ordnung in die Gedanken um den Wegweiser zu bringen.

Die Wege, um die es hier geht, sind über Udenheim führende Verbindungen zu den Orten Ober-Saulheim, Hahnheim

und Schornsheim.

Wegweiser als Begriff in unserem Zusammenhang sind mir zuerst in der "Instruction für die Ausführung des

Vicinalwegebaues"  vom 11. Juli 1838 (2) begegnet. Dort heißt es unter § 14:

"Die Anfangspunkte der Verbindungsstraßen zwischen zwei Orten [womit wir auch erfahren, was Vicinalwege sind

oder waren] sowie diejenigen Stellen, wo zwei Straßen sich durchschneiden, oder ein Weg in einen oder mehrere Äste

sich theilt, sind mit Wegweisern von Stein oder Holz zu versehen".

"Von Stein oder Holz" dürfte im holzarmen Rheinhessen eher "von Stein" bedeutet haben.

Die Straße zwischen Udenheim und Schomsheim (heute die Landesstraße 430) war bis 1881 Vicinalweg und stand

in der Unterhaltung der beiden Gemeinden. Hierzu bin ich auf einen Schriftwechsel von 1854 zwischen der

Ortsgemeinde Udenheim und dem damaligen Kreisamt in Oppenheim gestoßen, bei dem es a) um die Schotterung des

Weges und b) um die Anfertigung von drei neuen Wegweisern und die Reparatur eines alten ging.

(Nebenbemerkung: Die Ortstafel sollte ebenfalls repariert werden).

Die Großherzogliche Verwaltung legte großen Wert auf die Umsetzung des vg. § 14, wie z. B. dem Intelligenzblatt für

den Kreis Alzey vom 29. August 1860 zu entnehmen ist. Darin wurde den Großherzoglichen Bürgermeistern eingeschärft,

an den entsprechenden Stellen Wegweiser vorzusehen und die schadhaften Wegweiser wieder herzustellen.

Durch Gesetz vom 27. April 1881 gingen die Vicinalwege in die Baulast der Landkreise über.

Das Gesetz vom 21. August 1896, den Bau und die Unterhaltung der Kunststraßen im Großherzogtum

Hessen-Darmstadt betreffend, regelte auch die Zuständigkeit der Gemeinden für den Bau und die Unterhaltung

der dem öffentlichen Gebrauch dienenden Feldwege, Ortsstraßen und sonstigen Verbindungswege innerhalb

der Gemarkung.

Wie sich das auf "unseren" Fall ausgewirkt hat, bedarf noch der Klärung.

Der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Provinz Rheinhessen (Autor u. a. Pfarrer Heinrich Bechtolsheimer) (3)

ist zu entnehmen, dass gerade nach 1871 sich u. a. bei Mainz und bei Worms industrielle Zentren mit einer

entsprechenden Anziehungskraft entwickelt haben. Die Einwohnerzahl stieg zwischen 1816, als die Provinz zum

Großherzogtum kam, von 147.000 Einwohnern auf 348.334 im Jahre 1900. Ich denke, dass trotz Eröffnung

der Bahnlinien im inneren Rheinhessen, so am 17.10.1859 die Strecke Mainz-Bingen, 5.12.1864 die Strecke

Worms-Monsheim, 27.12.1866 die Eröffnung des Güterverkehrs zwischen Monsheim und Alzey, 13.04.1867 die

Eröffnung des Personenverkehrs auf dieser Strecke, 29.07.1870 die Strecke Bingen-Armsheim, 1.11.1870

die Strecke Armsheim-Alzey, 18.12.1871 die Strecke Mainz-Alzey und der Verbesserung des Straßennetzes

(der Kunststraßen) die meisten Leute immer noch zu Fuß gingen oder gehen mussten.

Ich habe mir beim Hessischen Landesvermessungsamt Geländekarten von 1902, dem Zeitraum der Entstehung

des Wegweisers und vor den späteren Flurbereinigungen, besorgt. Diese weisen ausgeprägte Ortsverbindungs-

wege zwischen Ober-Saulheim/ Udenheim und der Kreisstadt Oppenheim und entsprechende Wegweiser aus.

Damals gab es in der Kreisstadt z. B. neben den Wochenmärkten drei Mal im Jahr Kram- und Viehmärkte.

Es gab auch noch die Bartholomäus-Wallfahrt vor Palmsonntag.

Ich kann Ihnen jedoch noch nicht sagen, wer letztendlich den Wegweiser wann angeordnet hat. Ob es vielleicht ein

Entgegenkommen der Verwaltung nach dem Übergang der Zuständigkeiten nach dem Gesetz von 1896 war?

Dies bleibt bis zum Auffinden der Bauakte selber offen. Die Udenheimer Gemeindeakten aus dieser Zeit liegen leider

nicht vor.

Dieser Wegweiser steht nicht so stumm da, wie vielleicht angenommen. Ich möchte ihn zum Sprechen bringen.

Bei dem Wegweiser handelt (und handelte) es sich um ein gusseisernes Exemplar. Man verwendet als Gusseisen meist

graues Roheisen; graues Roheisen deshalb, weil es im Gegensatz zu Stahl einen höheren Anteil an

Kohlenstoff/ Graphit (= 1,7 %) enthält. Das graue Gusseisen wird unter Verwendung von Koks im Kuppol- oder

Schacht-Ofen aus Roheisen allein oder aus Brucheisen, Stahlabfällen und anderen Zusätzen (Kohlenstoff 3-3,4 %;

Silizium 2,4 %; Phosphor 0,... %) erschmolzen und in Formen gegossen und ist im allg. keiner Nachbehandlung

unterworfen (4).

Eisen als Meteoreisen war schon im Altertum bei den Ägyptern und Römern bekannt. Auf deutschem Boden ab Beginn

des ersten vorchristlichen Jahrtausends, wie Funde von Lanzenspitzen und Beilen belegen.

Der Eisenguss taucht in Deutschland erst um 1400 auf. Früheste Anwendung war der Guss von Kanonenkugeln.

Um 1500 diente der Eisenguss auch schon friedlichen Zwecken. Im Siegerland mit seinen Eisenhütten wurden Röhren,

Glocken, Gewichte usw. gegossen. Kunstgeschichtlich bedeutsam sind die gusseisernen Ofen- und Kaminplatten.

Ich gehe deshalb auf diese Materie ein, weil a) in einer holzarmen Gegend wie Rheinhessen ein hölzerner Wegweiser nicht

lange Bestand gehabt hätte und b) in Rheinhessen sehr wohl auch Eisenerz vorkommt (z. B. am Wissberg; bei Alzey)

und auch schon abgebaut wurde. Es sind meist dunkelbraune bohnenförmige Gebilde (Eisen-Konkretionen) mit bis zu

wenigen Zentimetern Durchmesser. Der Fe-Anteil kann bis zu 42 Gew.-Prozent betragen.

Auch in der Udenheimer Gemarkung ist Bohnerzton festgestellt (5). Ein bedeutender Abbau von Bohnerz hat z. B.

in der Gemarkung Gau-Heppenheim stattgefunden, das auch in Richtung Pfalz abtransportiert und dort geschmolzen wurde.

So bezog z. B. die Eisengießerei  Gienanth in Eisenberg 1861 Bohnerz aus der Gemarkung Dittelsheim.

Der Neuguss durch die Fa. HegerGuss in Enkenbach-Alsenborn ist ein sog. Kugelgraphitguss mit der Bezeichnung

KG 500.

Wo das vormalige Original gegossen wurde, habe ich noch nicht herausgefunden. Die Gießereileute bringen an

Gussstücken schon mal ein persönliches Zeichen, einen Stempel - meist innen und erst nach einer Demontage sichtbar

an.

Leider ist das alte Stück nicht mehr vollständig. Soweit ich feststellen konnte, kommen die Firmen Gienanth (Eisenberg),

Buderus (Hirzenhain), Rheinböller Hütte (Familie Puricelli) und Sayner Hütte nicht in Betracht. Vergleichbare Bestellungen,

z. B. der Stadt Worms von 1900, lassen auf die Gießerei Gebr. Roeder in Darmstadt schließen. Die Firma hat sich auch mit

gusseisernen Herden und Öfen einen Namen gemacht. Das Unternehmen erfuhr 1966 Veränderungen und ist zu Beginn

der (19)90er Jahre erloschen.

Gekrönt wird unser Wegweiser von einem Blattornament, einem Korinthischen Palmenkapitell nicht unähnlich.

Die Palme, vor allem die Dattelpalme, ist ein über 20 Meter hoher Baum mit einem elastischen Stamm, den der Wind nicht

brechen kann; sie kann bis 300 Jahre alt werden. Im alten Ägypten war sie das Symbol des Lebensbaumes und war häufig

Vorbild für die Gestaltung von Säulen. Die immergrünen Blätter der Palme sind außerdem ein Sinnbild für das ewige Leben

und die Auferstehung.

Sie werden wahrscheinlich von der alten deutschen Schrift, der sog. gotischen Schrift oder Fraktur auf den

Richtungsweisern angesprochen. Im Gegensatz zu der heute als Druck- und Schreibschrift üblichen lateinischen Schrift

ist die deutsche Schrift gotischen Ursprungs. Damals wurden die in den Büchern gemalten und geschriebenen Buchstaben

schmaler und in der Höhe gestreckter. Die Vertikale wurde deutlich betont. Von besonderer Bedeutung für das Schriftbild

war es, dass die alten romanischen Rundbogen (z. B. beim o/c/e) gebrochen und dadurch eckig wurden

(lat. "Fraktur" = Bruch).

Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine zügig geschriebene Schrift, die man als Kurrentschrift (lat. "currens" = laufend)

bezeichnet.

Die deutsche Schrift hielt sich bis ins 20. Jh. im deutschen Sprachraum. Ihr Ende bei uns trat am 3. Januar 1941 durch

einen Erlass der Reichsleitung der NSDAP ein. Ab da wurde die sog Antiqua auf allen Anwendungsgebieten

Normal-Schrift.

Die Antiqua hatte sich in der Renaissance parallel zur gotischen Schrift von Oberitalien aus ausgebreitet.

Sie war zunächst vor allem die Schrift der Wissenschaft und der Gelehrten und hatte sich früh schon in

Süd- und Westeuropa durchgesetzt.

Die Forschung bemüht sich um Klärung, wer überhaupt die Schrift erfunden hat: Die Sumerer oder die Ägypter.

Für den Betrachter sind auch noch weitere Informationen zu lesen: es über Orte und Maße.

 

Sehen wir uns die angezeigten Zielorte einmal näher an:

Da ist Hahnheim: 764 in einer Schenkungsurkunde des Klosters Lorsch erwähnt.

Dem Ort vorgelagert liegt der Wahlheimer Hof, zuletzt 1277 durch das Kloster Eberbach eingerichtet.

Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Mühle, Abtshaus und Zehntscheuer in offener Bauweise sind noch gut zu sehen.

Das Hahnheimer Schlösschen aus dem 16. Jh. gehörte den Herren von Dienheim. Napoleon soll hier im Oktober 1812 auf

seinem Rückzug von Russland nach Paris übernachtet haben. Das Schloss wurde nach1963 renoviert und gehört heute der

Familie Sayn-Wittgenstein. Erwähnt werden noch das an der Selz gelegene Naturschutzgebiet Hahnheimer Bruch,

die 1000-jährige Effe, seit 1330 Gerichtsplatz, und die Weinlage Hahnheimer Knopf.

 

Ober-Saulheim: Der Ortsname Saulheim, 762 Sauuuilenheim, 764 Sowelheim, 1070 Sowelenheim wird von dem

Personennamen Sawilo abgeleitet. Saulheim ist mit die älteste Ortschaft Rheinhessens: zwischen 762 und 801 finden

sich 26 Schenkungen in Urkunden der Klöster Lorsch, Fulda und Weißenburg. 970 wird Ober-Saulheim durch die

Wildgrafen als neue Herren von der Ur-Siedlung Saulheim getrennt. Seit 1969 sind sie wieder zusammen als Teile einer

Gemeinde, die sozusagen auf den Hundt gekommen ist, ein Ritter-Geschlecht, das sich seit Anfang des 12. Jh.

nach seinem Wohnort de Sowelnheim, von Saulheim, nennt. Das Geschlecht der Hundt von Saulheim ist 1755 ausgestorben.

Ober-Saulheim ist alter Besitz der Wild- und Rheingrafen und fiel 1283 der wildgräflich-dhaunischen Linie zu.

Es unterlag wechselnden Herrschaften, kam zuletzt 1793 zu Grumbach, Unterlinie Dhaun (6).

Erwähnenswert ist der Lange Stein in der Saulheimer Gemarkung, der größte Menhir Rheinhessens mit 3,70 m Höhe

aus der frühen Bronzezeit um 155 v. ehr. als Überrest einer Kult- und Opferstätte.

 

Schornsheim: 782 als Scornesheim beurkundet, besaß unter Karl des Großen ein Königsgut mit Kirche,

das dieser der hl. Lioba, der Äbtissin des Klosters Bischofsheim an der Tauber, auf Lebzeiten zur Nutznießung überließ.

Lioba, eine Kusine des hl. Bonifatius, lebte von 776 bis 779 in Schornsheim (7).

Erwähnenswert die Kath. Kirche St. Wigbert mit einem Turm von 1107, einem gewölbten Chor aus dem 14. Jh. mit figurativen

Konsolen (Winzer, Bäuerin, musizierender und singender Engel). Die evangelische Ludwigskirche mit byzantinischer Architektur wurde 1853 eingeweiht.

 

An dieser Stelle sei gutnachbarlich rheinhessische Ortsneckerei eingebracht: "Durch Gabshem ohne gefoppt, durch Schomshem ohne geroppt, durch Udenem ohne dotgeschlae, kann mer in Saalem von Glick sae".

Hier steht kIm als Maß für eine Länge von 1.000 Metern.

Schon Karl der Große erstrebte die Einheitlichkeit der Maße. Die "admonito generalis" von 789 enthielt die allgemeine

Ermahnung "..., dass alle gleiche und richtige Maße, wie auch gerechte und gleiche Gewichte haben sollen ..."

1714 verordnete Preußen die Einführung einheitlicher Maße.

Alte Längenmaße finden sich nicht nur in Dokumenten, sondern auch in Verwirklichungen in Metall oder Stein an

öffentlichen Gebäuden vieler Städte. Siehe die Elle am Alzeyer Rathaus (dgl. an der Armsheimer Kirche,

dem Gau-Odernheimer Rathaus/Kirche, dem Oppenheimer Rathaus). Die älteste deutsche Elle von Anfang 14. Jh. findet

sich im Huldigungssaal der Stadt Goslar.

Noch eine ältere Darstellung sei erwähnt, zugleich als Beispiel einer Mittelung: Die Rute zu 16 Fuß wird 1575 wie folgt

definiert: Es sollen 16 Mann klein und groß, wie sie ungefährlich nacheinander aus der Kirche gehen,

ein jeder vor dem andern einen Schuh stellen. Dieselbe Länge ist und soll sein, eine gerechte Messrute ...

Die Angabe Fuß findet sich heute noch an einigen Säulen an unseren Straßen in Stadecken, Gau-Bickelheim oder Alzey.

Die metrische, dezimale Längeneinheit, das Meter, hat, wie das ganze metrische System, seinen Ausgang von

Frankreich genommen. Ende des 18. Jh. herrschte eine verwirrende Vielfalt im Maßwesen.

Am 30. März 1791 wurde von einer Kommission der französischen Nationalversammlung der 10 hoch 7te Teil

eines Erdquadranten, und zwar des Quadranten zwischen Äquator und Nordpol, oder der 40millionste Teil des

Erdumfangs als maßgebend für die Längeneinheit bestimmt. Bei 40003,423 km Erdumfang in Nord-Süd-Richtung

kommt das in etwa hin.

Die neue Längeneinheit wurde "meter" (griechisch "metron" = das Maß) genannt. Es sollte ein Maß von internationaler

Gültigkeit werden und unabhängig sein von jedem künstlichen Urmaß, es sollte ein Naturmaß sein.

Die Einteilung erfolgte nach dem Dezimalsystem, weil es sich einfacher handhaben ließ.

Für die höheren Einheiten wählte man - den damaligen Vorstellungen von Bildung entsprechend - die griechische Sprache

(deka, hekaton, chilioi), für die Unterabteilungen die lateinische Sprache (decem, centum, mille).

Später wurde das Naturmaß durch einen länglichen Stab aus Eisen, danach aus Platin-Iridium abgelöst.

Die Weltausstellung 1855 in Paris zeigte erneut die Notwendigkeit eines einheitlichen Messsystems.

1875 wurde in Paris die intern. Meterkonvention (ihr gehören alle Kulturnationen an) abgeschlossen.

Seitdem gibt es in Sevre, einem Stadtteil von Paris, das Internationale Büro für Maße und Gewichte als Treuhänder der

Urmaße für Länge und Gewicht. Dort befinden sich auch der Ur-Meter-Stab und das Ur-Kilo (8).

Ein Meter war danach die Entfernung zwischen den beiden Strichen an den Enden des vg. Metallmaßstabes.

Heute ist nach DIN 1301 das Meter die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum während der Dauer von 1/rd. 300 Mio.

Sek. durchläuft.

Deutschland erhielt 1869 je einen Prototypen von Meter und Kilo (heute in Braunschweig, Physikalisch-Technische

Bundesanstalt) 1802, im Jahre 10 der Franz. Republik, befahl der Präfekt des Departement du Mont Tonnerre,

Jeanbon St Andre, den Gebrauchdes Meters anstatt der bis dahin gebräuchlichen Elle, Schuh, Rute, Stange.

Ebenso befahl er den Gebrauch der Dezimalgewichte  (Gramm, kg), Holzmaße (m/³, Stere) und Füllmaße für

flüssige Sachen (Liter). Die Verwaltung bot die neuen Maße und Gewichte in jedem Hauptort zum Verkauf an.

Diese republikanischen Maße waren jedoch in Rheinhessen bald vergessen.

Die das Maßsystem im Großherzogtum betreffende Verordnung vom 10. Dezember 1817 brachte zwar eine zum Teil

gute Angleichung an das metrische System, ließ jedoch viele alten Bezeichnungen wiedererstehen und fügte neue dazu.

Sie machte den Zoll als den 400millionsten Teil des Erdumfangs zur Grundeinheit.

Es war 1 Fuß = 12 Zoll = 144 Linien = 300 Millimeter.

Als Mitglied des Norddeutschen Bundes, dem Vorläufer des Deutschen Reiches, verschaffte das Großherzogtum

Hessen-Darmstadt dem metrischen System letztendlich mit der Maß- und Gewichtsordnung vom 7. August 1868,

mit Wirkung ab 1. Januar 1872, den Durchbruch (9).

Das Meter (das Kilometer) oder der Stab mit dezimaler Teilung und Vervielfachung wurde Grundlage des Messens

und des Wiegens. Eine Großherzogliche Bekanntmachung vom 18. September 1869 teilte die Verhältniszahlen für die

Umrechnung bisher/neu mit (danach war der Zoll 1/ 40 Meter = 2,5 cm; der Fuß 1/ 4 Meter = 25 cm).

So gab es das Quadratmeter oder den Quadratstab, das Kubikmeter oder den Kubikstab. Der 1000te Teil des Kubikmeters

war das Liter oder die Kanne, das halbe Liter hieß Schoppen. Fünfzig Liter waren ein Scheffel, 100 Liter ein Fass.

Das Geschäft der Eichung und Stempelung wurde ausschließlich durch Eichungsämter ausgeübt.

Im Übrigen bin ich beim Stochern in dem Großherzoglichen Feld- und Forststrafrecht von 1841 ff (Literatur H. Reh:

"Das in Hessen geltende Feld- und Forststrafrecht", Praktisches Handbuch, Diemer Verlag Mainz, 1906,

hier: Feldbeschädigung) auf Entfernungstabellen mit Angaben der Abstände zwischen den Amtssitzen der Amtsgerichte

und den einzelnen Orten ihres Bezirks gestoßen, die ab 1882 den Reisekostenberechnungen der Gerichtsvollzieher

zu Grunde gelegt wurden.

Ab 1908 galt für das Deutsche Reich eine neue Maß- und Gewichtsordnung. Seit Juli 1969 gilt das "Gesetz über Einheiten

im Messwesen" als Ausfluss der nationalen und internationalen Zusammenarbeit.

Die hier sichtbare Schreibweise Klm war bis 1905 gebräuchlich; insofern ein Indiz für die Altersbestimmung des Wegweisers.

Beim Blick auf das Wappen am Sockel des Wegweisers sei Folgendes erwähnt: Die Anfänge des Wappenwesens

gründen auf zwei Ursachen: Einmal im Bedürfnis, zu Zeiten der Ritter diese auf der Heerfahrt, im Kampfgetümmel und

beim Turnier weithin sichtbar und unterscheidbar zu machen. Zum andern auf dem Hang zu Symbolen

(vgl. heutige Piktogramme).

Wappen sind bleibende oder erbliche, unter Zugrundelegung des ritterlichen Schildes oder Helms gebildete Abzeichen

eines Geschlechts oder einer Körperschaft (denken Sie an ein Gemeindewappen, das Landeswappen).

Im Mittelalter wurde das Wappenwesen wesentlich durch den Siegelzwang gefördert.

Sie sehen unten am Wegweiser ein Wappen mit einem bewehrten Löwen als Wappentier. Der Löwe ist auch heute im

hessischen Staatswappen zu sehen (wie auch beim Freistaat Thüringen, allerdings ohne Schwert). Hessen war bis

um die Mitte des 12. Jh. unter dem thüringischen Landgraf mit Thüringen vereint. Denken Sie an die hl. Elisabeth

von Thüringen.

Der hessische Löwe als Wappentier geht auf den Herzog von Brabant zurück, dem Vater des 1. Landgrafen von Hessen.

Landgraf Ludwig X. erhielt durch Patent vom 13. August 1806 den Titel Großherzog und führte (ab dem 29.Juli 1808)

als fürstliches Wappen und Siegel den Löwen, wie wir ihn hier sehen können. Das ist für die zeitliche Zuordnung des

Wegweisers von Beutung, denn ab der Verordnung vom 9. Dezember 1902 hielt der hessische Löwe

das Schwert waagerecht (10).

Neben den allgemein zugänglichen Quellen verwendete Literatur:

(1) "Heimatjahrbuch des Landkreises Alzey/-Worms",1964 S. 54

(2) " Großh. Hess. Reg. Blatt" Nr. 27 vom 25. Juli 1838

(3) "Festschrift der Provinz Rheinhessen zur Hundertjahrfeier", 1916, Mainz 1916 Verlag Diemer

(4) " Stahl im Hochbau", 12. Auflage

(5) "1200 Jahre Udenheim", Chronik, 1973, S. 18,19

(6) "Beiträge zur Geschichte von Ober-Saulheim" von Dr. Gensicke, 1963

(7) "Heimatjahrbuch des Landkreises Alzey/-Worms", 1982, S. 67

(8) "Maß und Gewicht, Hans-Joachim Alberti Akademie- Verlag, Berlin, 1957

(9) "Regierungsblatt Nr.14 vom 31. August 1869

(10) "Das Großherzoglich Hessische Wappen", Victor Würth, Darmstadt, 1917

 

An dieser Stelle sei allen, insbesondere der Firma Heger Guss  Enkenbach gedankt, die zu dem guten Gelingen

des Neugusses des Udenheimer Wegweisers beigetragen haben!

 

 

Gregor Heinz, 55288 Udenheim, Schulstraße 12 ; August 2004